Wendezeit

Karl-Ludwig Kley plädiert für einen breiten Energiemix ohne Tabus

Von Josef Bordat

Noch ein Buch zum Klimawandel. Aber eines, das sich zu lesen lohnt. Denn Karl-Ludwig Kley, Ex-Manager großer deutscher Wirtschaftsunternehmen (Bayer, Lufthansa, Merck), formuliert in „zehn ungehaltenen Reden“ zehn Schritte, wie wir die Herausforderungen in Sachen Klima und Energie in den Griff bekommen können. Sein Buch „Klar zur Wende“ erschien in der Deutschen Verlags Anstalt (München).

Kleys gute Nachricht: Die nötigen Technologien für die Energiewende sind größtenteils bereits vorhanden. Sie müssen „nur“ effizient genutzt und weiterentwickelt werden. Dafür ist es seiner Ansicht nach vor allem notwendig, die Bürokratie zu reformieren, politische Prioritäten neu zu ordnen und den Diskurs zu entmoralisieren. Ausgehend davon fächert Kley die einzelnen Aspekte der Klima- und Energiepolitik auf. Von der Windenergie über Photovoltaik und Atomkraft bis hin zur Wasserstofftechnologie werden verschiedene Energieerzeugungsmethoden analysiert. Dabei sei eine breite Basis, so die These Kleys, Voraussetzung für die Sicherung unseres Wohlstands.

Fragwürdig ist dieser Ansatz des Verfassers, weil in sein Credo, wir sollten uns energietechnisch „alle Optionen offenhalten“, explizit auch die Kernenergie eingeschlossen wird. Atomkraft ist zwar aufgrund geringerer Emissionswerte verhältnismäßig klimafreundlich, doch aufgrund des Risikos von Strahlungsaustritt zugleich hochgefährlich. Zudem: Das Müll-Problem ist ungelöst. Bis heute hat die zivile Nutzung der Atomkraft weltweit insgesamt bereits über 300.000 Tonnen radioaktiven Abfalls verursacht. Dessen Endlagerung ist nicht sicher, von „Entsorgung“ kann keine Rede sein. Der Abfall wird noch die nächsten 100.000 Jahre über strahlen und niemand kann heute sagen, welche Folgen das haben wird. Es gibt derzeit noch überhaupt kein Endlager für den Atommüll, er gibt nur „Zwischenlager“. Darüber geht Kley zu rasch hinweg, verharmlost das Risiko.

Karl-Ludwig Kley versteht sein Buch als Teil eines „aktiven Eintretens für die Demokratie“, als produktiven Debattenbeitrag auf dem Weg zu einer Energiewende, die gleichermaßen von Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft akzeptiert und getragen wird. Ein solcher Beitrag zeichnet sich dadurch aus, dass er genug Ecken und Kanten hat, an denen man sich stoßen kann. Insoweit kann das Vorhaben als gelungen bezeichnet werden.

Klar-Ludwig Kley: Klar zur Wende. So können wir das Steuer bei Klima und Energie noch rumreißen. München: Deutsche Verlags Anstalt (2024). 172 Seiten, 23 €. ISBN: 978-3-421-07032-6.


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